Homeoffice Arbeitsunfall: Anwaltlicher Ratgeber mit Erklärungen + Urteile

Mann arbeitet im Homeoffice an seinem Laptop
Ein Arbeitsunfall im Homeoffice ist grundsätzlich genauso zu werten wie ein nomraler Arbeitsunfall. Allerdings kommt es auf die Art der Tätigkeit an, ob Ihre Verletzung auch als Arbeitsunfall oder privater Unfall gewertet wird. Lesen Sie unseren großen Ratgeber und erfahren, an welchen Regeln und Urteilen sich Arbeitgeber und Berufsgenossenschaft orientieren.

Inhaltsverzeichnis

Definition und Relevanz von Arbeitsunfällen im Homeoffice

Ein Arbeitsunfall im Homeoffice ist definiert als ein Unfall, der sich während der Arbeitszeit im häuslichen Umfeld ereignet und in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht. Laut § 8 SGB VII sind Unfälle versichert, die während der beruflichen Tätigkeit oder auf Wegen im direkten Zusammenhang mit dieser Tätigkeit geschehen.

Was zählt als Arbeitsunfall im Homeoffice?

  • Unfälle bei der Ausführung von beruflichen Aufgaben zu Hause.
  • Unfälle auf Wegen innerhalb der Wohnung, die unmittelbar mit der Arbeit verbunden sind, wie der Weg zum Drucker oder zur Kaffeemaschine.

Was zählt nicht?

  • Unfälle während der Freizeit oder während Aktivitäten, die keinen direkten Bezug zur Arbeit habene.
  • Unfälle, die außerhalb der festgelegten Arbeitszeiten geschehen.

Gesetzliche Grundlagen und wichtige Gerichtsurteile

Die gesetzlichen Vorschriften gemäß Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) bilden die Grundlage für die Anerkennung von Arbeitsunfällen im Homeoffice. Ein richtungsweisendes Urteil hierzu war das des Bundessozialgerichts (BSG), das den Sturz einer Arbeitnehmerin auf dem Weg in ihre Küche während der Arbeitszeit als Arbeitsunfall anerkannte (BSG, Az. B 2 U 5/15 R).

Abgrenzung zum Wegeunfall

Ein Wegeunfall im Homeoffice kann beispielsweise ein Sturz auf dem Weg zur Toilette sein, wenn dieser Weg in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht. Solche Fälle werden oft individuell bewertet und hängen stark von den Umständen des Einzelfalls ab.

Weitere wichtige Gerichtsurteile

  • BSG, Az. B 2 U 28/17 R: Der Fall betraf einen Mitarbeiter, der auf dem Weg von seinem Arbeitszimmer zur Küche stürzte, um sich ein Getränk zu holen. Das Gericht entschied, dass dieser Weg als Betriebsweg anerkannt werden muss.
  • LSG Essen, Az. L 17 U 487/18: In diesem Fall ging es um einen Unfall auf der Treppe im eigenen Haus. Das Gericht entschied, dass der Weg zur Toilette während der Arbeitszeit ebenfalls als versichert gilt.

Statistiken zu Arbeitsunfällen im Homeoffice

Wer ist am meisten betroffen?

Untersuchungen zeigen, dass Büroangestellte und IT-Mitarbeiter am häufigsten von Arbeitsunfällen im Homeoffice betroffen sind. Diese Berufsgruppen verbringen viel Zeit an Computerarbeitsplätzen, was das Risiko für ergonomische Probleme und Unfälle im Zusammenhang mit Büroausstattung erhöht.

Sind Männer oder Frauen anfälliger?

Statistiken deuten darauf hin, dass Frauen etwas häufiger von Arbeitsunfällen im Homeoffice betroffen sind als Männer. Dies könnte daran liegen, dass Frauen tendenziell mehr Zeit im Homeoffice verbringen und häufiger Aufgaben übernehmen, die mit höheren Unfallrisiken verbunden sind, wie die Pflege von Kindern neben der Arbeit.

Typische Verletzungen

Zu den häufigsten Verletzungen im Homeoffice gehören:

  • Stürze (z.B. vom Stuhl, auf rutschigem Boden)
  • Schnittwunden (z.B. beim Umgang mit Büromaterialien)
  • Rückenschmerzen und andere ergonomische Probleme
  • Prellungen und Verstauchungen (z.B. durch Stolpern über Kabel)

Typische Ursachen für solche Verletzungen

  • Unsichere Arbeitsumgebungen (z.B. unzureichende Beleuchtung, rutschige Böden)
  • Schlechte ergonomische Verhältnisse (z.B. ungeeignete Bürostühle)
  • Unaufmerksamkeit und Ablenkung
  • Mangelnde Sicherheitsvorkehrungen (z.B. fehlende Kabelmanagement)

Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls

Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Homeoffice erfordert, dass der Unfall eindeutig während der Arbeitszeit und in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit passiert. Hierzu zählen auch notwendige Wege innerhalb der eigenen vier Wände, die der Ausübung der beruflichen Tätigkeit dienen.

Beispiele für anerkannte Unfälle

  • Sturz beim Holen von Arbeitsmaterialien wie Druckerpapier.
  • Verletzungen durch technisches Equipment bei der Arbeit.

Wegeunfälle

Auch Wegeunfälle, wie der bereits erwähnte Gang zur Küche für ein Glas Wasser, können unter bestimmten Umständen als Arbeitsunfall anerkannt werden.

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Meldepflichten und Dokumentation

Bei einem Arbeitsunfall im Homeoffice ist eine sofortige Meldung des Unfalls an den Arbeitgeber entscheidend. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, den Unfall zu dokumentieren und an die zuständige Berufsgenossenschaft zu melden.

Arztbesuch und medizinische Dokumentation

Der Besuch beim Durchgangsarzt und die Erstellung eines medizinischen Berichts sind essenziell für die Anerkennung des Unfalls durch die Berufsgenossenschaft. Der Bericht muss detailliert die Umstände des Unfalls sowie die resultierenden Verletzungen beschreiben.

Präventionsmaßnahmen

Um das Risiko von Arbeitsunfällen im Homeoffice zu minimieren, sollten sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber präventive Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes, die Schulung der Mitarbeiter in Erster Hilfe und die regelmäßige Überprüfung der häuslichen Arbeitsumgebung.

Beispiele für Präventionsmaßnahmen

  • Bereitstellung von ergonomischem Mobiliar durch den Arbeitgeber.
  • Regelmäßige Pausen zur Vermeidung von Überlastungsschäden.

Rolle der Berufsgenossenschaft (BG)

Die Berufsgenossenschaften sind Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und übernehmen die Abwicklung von Versicherungsansprüchen nach Arbeitsunfällen im Homeoffice. Sie prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, und leisten entsprechende Unterstützung.

Leistungen der BG

  • Übernahme der Behandlungskosten.
  • Zahlung von Verletztengeld während der Arbeitsunfähigkeit.
  • Rehabilitation und ggf. Umschulungsmaßnahmen.

Fazit

Arbeitsunfälle im Homeoffice erfordern eine genaue Betrachtung der Umstände und eine klare Regelung der Arbeitsbedingungen. Die Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Berufsgenossenschaften spielt eine entscheidende Rolle bei der Prävention und Abwicklung von Unfällen. Mit zunehmender Verbreitung des Homeoffice wird auch die Bedeutung dieser Zusammenarbeit weiter steigen.

Quellen:

  1. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV): [Jahresbericht 2022](https://www.dguv.de/medien/inhalt/presse/Jahresbericht_2022.pdf)
  2. Statistisches Bundesamt: Nicht-tödliche Arbeitsunfälle in Europa {https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Arbeitsmarkt/Qualitaet-der-Arbeit/_dimension-1/02_nicht-toedliche-arbeitsunfaelle.html}
  3. Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (https://www.bghw.de/der-versicherungsschutz-der-bghw/arbeitsunfall/arbeiten-an-telearbeitsplaetzen-im-homeoffice)
Bild von Ludwig Köller

Ludwig Köller

Ludwig Köller ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Schott Köller in Berlin und unterstützt Arbeitsunfall 113 ehrenamtlich mit Ratgebern zu rechtlichen Themen nach Arbeitsunfällen. Zuvor war er unter Anderem bei der Unternehmensberatung Deloitte und beim Finanzgerichtshof Berlin Brandenburg tätig.
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